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Wohnburg im Lohwald

Einen weiteren Haken hat die Planung am Lohhofer Bahnhof mit der Stadtratssitzung vom 28.10.2010 geschlagen: Neben der Fachoberschule soll nun doch kein Hotel und Gewerbe entstehen, sondern eine massive, sechs- bis acht-stöckige Wohnbebauung. Nur zehn Meter vom Rand der Südlichen Ingolstädter Straße entfernt würden die Wohnblocks 24 Meter hoch aufragen und das Stadtbild dominieren. Nicht einmal für kaschierende Bäume wäre noch Platz. Hinzu kommt, dass die hohen Gebäude große Abstandsflächen erfordern und damit ziemlich weit vom Nachbargrundstück der FOS abrücken müssen – ebenfalls mitten in den Baumbestand hinein.

Kein Wunder, dass das Landratsamt die Planung bereits kritisiert hat. Selbst die geplante Geschossflächenzahl von 1,5 liegt weit über der zulässigen Grenze. Darum sei die Planung nur mit „besonderer städtebaulicher Begründung“ genehmigungsfähig.

Nun will sich die Stadtverwaltung eines Tricks bedienen: Der Geltungsbereich des Bebauungsplans soll bei dessen Neuaufstellung um den Lohwaldpark erweitert werden. Damit soll der städtebauliche Zusammenhang der unterschiedlichen Areale unterstrichen werden: Der unbebaute Park diesseits der Straße rechtfertige eine entsprechend höhere Nutzungsdichte auf der anderen Seite. Pikanterweise will die Stadt damit planungsrechtlich zum Ausdruck bringen, dass der Lohwald in seiner gesamten Ausdehnung als ortsgliedernder Grünzug festgesetzt werden soll. Genau das ist aber längst geschehen. Der öffentliche Teil des Lohwalds ist im Bebauungsplan 14 „Lohwald“ seit 1973 als Park gesichert, und zwar im Zusammenhang mit Wohnbebauung, darunter das 9-stöckige Hochhaus an der Alexander-Pachmann-Straße.

Die plumpe Grenzverschiebung ändert aus unserer Sicht nichts an den Fakten und überzogenen Plänen: Massiv verdichtete Bebauung, mitten im Ort, auf Kosten des wertvollen Baumbestands. Wir begrüßen die FOS, aber die Chance auf maßvolle Nachverdichtung wäre mit dieser Planung vertan.

Offene OP an Lohhofs Grüner Lunge

Durch den erhöhten Flächenbedarf für FOS und Hotel droht der Kahlschlag wertvoller Lohwaldreste nun auf wesentlich größerer Fläche. Deshalb hat der Bund Naturschutz bei der Unteren Naturschutzbehörde beantragt, die Baumbestände unter Schutz zu stellen.

Mit dem Zuschlag des Landkreises in Sachen Fachoberschule (FOS) gingen die Planungen am Lohhofer Bahnhof in eine neue Runde. Ursprünglich sollten FOS und Hotelbau auf nur einem Hektar untergebracht werden – was die vollständige Rodung wertvoller Lohwaldreste erfordert hätte.

Inzwischen ist klar, dass allein die FOS weit mehr Fläche benötigt. Durch das Freiwerden des Danfoss-Firmengeländes zwischen Freisinger, Weihenstephaner und Südlicher Ingolstädter Straße steht nun aber drei Mal so viel Platz zur Verfügung – Platz für eine städtebaulich und stadtökologisch verträgliche Entwicklung.

Eine stadtökologisch verträgliche Entwicklung hat die Stadt in ihrem ambitionierten Flächennutzungsplan ursprünglich auch vorgegeben: Sämtliche Lohwaldreste im Planungsgebiet sollen demnach Schutzstatus als so genannte Grünbestandteile erhalten. Warum – das ist offenkundig: Die stattlichen Baumgruppen umfassen etwa 230 alte Eichen, Eschen, Berg- und Spitzahorne mit bis zu 60 Zentimeter Stammdurchmesser. Sie gehören zu dem so genannten Lohwaldgürtel, der sich nach der Eiszeit am nordwestlichen Rand der trockenen Schotterzungen im Übergang zu den angrenzenden Niedermoor-Flächen entwickelt hat. Heute ist das landschaftliche Relikt ein Schmuckstück im ansonsten grauen Stadtbild. Die Lohwaldreste verbessern das Stadtklima und bieten Lebensraum für streng geschützte Fledermaus- und Vogelarten.

Hinzu kommen der identitätsstiftende Wert des Lohwaldes für den Ortsteil „Lohhof“ und seine Schlüsselfunktion innerhalb der Grünachse entlang der Südlichen Ingolstädter Straße.

Derartige gewachsene Grünbestände mit ihren vielfältigen ökologischen Funktionen und Wohlfahrtswirkungen mitten in der Stadt sind äußerst selten und innerhalb eines Menschenlebens nicht ansatzweise ausgleichbar.

Die Planer haben seinerzeit den Wert der Lohwaldreste damals richtig erkannt. Zu befürchten ist jedoch, dass sich die Stadt nicht daran gebunden fühlt. Deshalb hat die Ortsgruppe Schleißheim nun einen entsprechenden Antrag bei der Unteren Naturschutzbehörde eingereicht. Nach Artikel 12 des Bayerischen Naturschutzgesetzes können auch wertvolle Grünbestände in der Stadt unter Schutz gestellt werden.

Der Antrag wird nun von den behördlichen Naturschützern geprüft und führt im günstigsten Fall innerhalb von etwa 2 Monaten zu einer Unterschutzstellung.

Es wäre ein positives Signal, wenn es mit der durchaus wünschenswerten FOS und dem Lohwald ein Nebeneinander von Bildung und Natur in Unterschleißheim geben könnte.

Die erste Reaktion der Stadt (SZ vom 8.4.2010, Regionalteil ) bestätigt jedoch unsere Bedenken: Sie hält den Schutzantrag für "kontraproduktiv" und vertraut darauf, dass niemand ein Interesse daran hat, "einen Baum umzuschneiden, der auch stehenbleiben könnte." Die Stadt zeigt damit erneut, dass sie das Urteil ihrer eigenen Fachplaner in den Wind schlägt und die Bewertung von Stadtgrün Investoren und Bauherren überlässt.